Ich studierte Philosophie an der Uni, war aber etwas enttäuscht sowohl von der Themenauswahl als auch von der Art der Präsentation. Die Themen waren doch sehr langatmig und praxisfern.
Meine damalige Freundin, etwas auf dem Esotrip, kam eines Tages an und erzählte, sie hätte ein Plakat entdeckt, welches einen Vortrag über "Karma und Reinkarnation" bei der Neuen Akropolis ankündigte. Auf meine Frage, was denn Neue Akropolis sei und bedeute, meinte sie, das wisse sie nicht, höre sich aber ein wie ein griechischer Verein. Egal, wir verabredeten uns, dort den Vortrag zu besuchen. Drei Tage später stand ich im Eingang von Neue Akropolis in Schwabing, es sah eher aus wie eine Wohnung, eine nette junge braunhaarige Frau ließ mich ein und erklärte mir, dass Neue Akropolis ein Philosophieverein sei, der übersetzt hohe Stadt bedeute, also das höhere in jedem von uns. Na ja, klang etwas esoterisch, aber nett war sie und ich kaufte ne Eintrittskarte, setzte mich in den Vortragsraum, in dem klassische Musik lief und wartete auf meine Freundin. Der Raum von Neue Akropolis füllte sich langsam, aber wer nicht kam war meine Freundin. Ich kannte das von ihr, sie war unzuverlässig. Abe rich hatte das Ticket ja bezahlt, und war neugierig. Endlich ging es los, eine kleine schlanke sehr junge Frau exotischen Aussehens erklärte noch mal als Einstieg ein paar Sätze über Neue Akropolis, dass Neue Akropolis in Argentinien gegründet worden sei und aktive Philosophie auf ehrenamtlicher Basis betreibe. Sie sprach überperfekt Deutsch ohne Dialekt oder Akzent, und hatte faszinierende Augen und eine tolle Sprache und Stimme. Nahtlos ging das Thema über in den eigentlichen Vortrag, und ich war gefesselt, mit welcher messerscharfen Logik und gleichzeitig Rhetorik und Herzenswärme sie das Thema behandelte. Auf ein mal erschien mir die Lehre der Reinkarnation als das philosophisch logischste Konzept.
Wenn die Neue Akropolis solch tolle Lehrkräfte hat und so interessante Themen, so dachte ich mir, muss ich das genauer erforschen. Ich bleib nach dem Vortrag noch ein paar Minuten, beobachtete die Referentin beim Gespräch mit einigen Besuchern und machte mich auf nach Hause. Meine Gedanken waren wie aufgewühlt und kreisten noch die halbe Nacht um die Ideen, die ich dort bei der Neuen Akropolis aufgenommen hatte.
Ich wusste, ich würde wiederkommen, und wusste auch, wann: Am Ende des Vortrages war angekündigt worden, dass die Neue Akropolis ein paar Tage später mit einem fünfmonatigen Philosophiekurs startet. Es kostete ca. 180 DM, damals viel Geld für einen Studenten.
Na ja, nachdem ich erst mal meine Freundin für ihre Unzuverlässigkeit geschimpft hatte machte ich ihr natürlich den Mund wässrig, wie toll der Vortrag gewesen sei und dass ich mich entschlossen habe, den Kurs bei der Neue Akropolis zu machen.
Zwei Wochen später waren wir beide zusammen beim ersten Kursabend, der damals hieß "Einführung in die Philosophie des Westens und des Ostens im Vergleich", zugegebenermaßen ein etwas vollmundiger und spröder Titel, aber ich wusste ja vom Vortrag in etwa was mich erwartet. Vor dem Kurs wurde das Finanzielle geklärt, wobei ich erklärte, als Student nicht über den Gesamtpreis zu verfügen (obwohl es ja ehrlich gesagt nicht sooo teuer war). Die junge Dame (Eva?), die für die Anmeldung zuständig war meinte dann nur, wenn ich als Student nicht über ausreichend Geld verfüge dann doch wohl über Zeit, was ich bejahte (meine Freundin übrigens auch). Eva meinte dann, es gäbe so was wie eine Ermäßigung, bei der man nur den halben Preis zahlen müsse, aber dafür jede Woche eine Stunde ehrenamtliche Mitarbeit leisten soll als Ausgleich. Das fanden wir fair und ließen uns auf den Handel ein. (In der Praxis war es dann so, dass wir jedes mal eine Stunde früher kamen, irgendeine kleine Arbeit machten (Briefmarken aufkleben, Plakate sortieren, den Raum saugen usw.), dabei aber meistens mit anderen Mitgliedern über die Kursthemen von Neue Akropolis redeten, was sehr unterhaltsam und spannend war.
Fortsetzung folgt
Ein Link zu der Kursbeschreibung von Neue Akropolis:
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